09. September 2016
WEGEKREUZE, TEIL 5: Kreuzbezeichnungen kurz beschrieben
Neben der Kodierung des Familiennamen des Kreuzstifters z.B. in „Rau – en – Kreuz“, also das „Kreuz der Rauen“, findet man im volkstümlichen Namen, oder besser der Bezeichnung eines Kreuzes häufig auch den Grund der Kreuzstiftung erwähnt.
Hier nun einige kurz erläutert.
Arme-Seelen-Kreuze, auch Armseelenkreuze
Als „Arme Seelen“ wurden unvorbereitet Verstorbene bezeichnet, die nach den damaligen Glaubensvorstellungen im Fegefeuer gefangen waren, bis ihre Seelen durch Gebete, Opfer und Stiftungen erlöst wurden. Oder durch Ablässe und den dadurch florierenden Ablasshandel. Sühneverträge oder Sühneeide gaben bestimmte Abgabenpflichten bzw. Handlungen vor, um die „Arme Seelen“ zu erlösen.
In der Bevölkerung hielt sich über Jahrhunderte der Glaube, dass der Geist der Verstorbenen bis zu ihrer Erlösung als Irrlichter am Ort des Todes umherging. Den Plural nutze ich hier mit Hinblick auf die Gefallenen des 2. Weltkrieges, was zur Aufstellung eines Arme-Seelen-Kreuzes in Saarlautern 2 führte.
Sichtet man Geschichten und Mythen um den „Arme Seelen“-Kult, stellt man recht schnell fest, das nach volkstümlichem und volksfrommem Verständnis alles Gute, was man den Toten tat, durch ebenjene in Hilfe und Unterstützung vergolten wurde.
Armsünder-, Galgen- oder Urtelkreuze
Mit „Armer Sünder“ bezeichnete man einen zum Tode verurteilten Verbrecher. An den damals vorhandenen Richt- oder Tötungsplätzen wurden Steinkreuze errichtet, um den Verurteilten die Gelegenheit zu geben, dort ihr letztes Gebet zu verrichten und ihren Frieden mit Gott zu machen.
Diese Formulierung klingt recht gnädig. Fakt ist, dass die Verurteilten dort beten mussten, ob sie wollten oder nicht. Die Kirche war seinerzeit, ab spätestens dem 15. Jahrhundert, voll in den Hinrichtungsprozess integriert. Natürlich mag es auch vorgekommen sein, dass Menschen an den Kreuzen für Hingerichtete beteten, sofern es eine engere Beziehung gab.
Ein Historiker an der Universität des Saarlandes gab seinen Studenten folgenden Spruch mit auf den Weg: „Galgenkreuze? Sucht an Galgenbergen und Köpfstätten… da werdet Ihr schnell fündig. Falls man sie nicht schon abgerissen und in das dunkle der Vergangenheit geworfen hat, wo sie hingehören.“
Datierungsangaben und/oder Angaben zu dem Hinrichtungsgrund sind auf diesen Kreuzen nicht zu finden.
Buß –und Sühnekreuze
Buß- und Sühnekreuze entstammen dem mittelalterlichen Rechtsverständnis. Sie waren meist nur ein zu erbringender Erfüllungsteil von Sühneverträgen, welche zwischen zwei Parteien geschlossen wurden, um z.B. einen Mord oder Totschlag zu sühnen. Aus diesen beiden Gründen kann man auf diesen Kreuzen manchmal auch Motive finden, die entweder den Beruf des Getöteten oder die Tatwaffe wiedergeben. Sehr selten ist eine Jahreszahl und auf keinem echten Buß- oder Sühnekreuz finden sich Texte. Der Grund dafür ist übrigens ganz einfach: die Familie des Täters wollte die Tat nicht auch noch für die Jahrhunderte dokumentiert wissen. Das Ende der „echten“ Buß- und Sühnekreuze kam mit der Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. im Jahre 1533, die mehr oder weniger private Abmachungen nicht mehr duldete und an deren Stelle das ordentliche Gericht setzte.
An dieser Stelle sollte noch vermerkt sein, dass sich das alte Brauchtum teilweise dennoch bis in das 17. Jahrhundert hielt – nun aber illegal.
Cholera- und Pestkreuze
Zur Erinnerung an Epedemien wie Cholera und Pest wurden mancherorts „Cholerkreuze“ sowie „Pestkreuze“ aus Stein errichtet, um einmal der Nachwelt die verheerenden Folgen dieser grauenhaften Seuchen deutlich vor Augen zu halten und zum anderen um Gott darum zu bitten, die Heimat niemals wieder mit solchen Epedemien zu strafen. Eine Datierungsangabe auf Cholera- und Pestkreuzen geschah so gut wie nie.
Graue Kreuze
„Graues“ steht als Bild für die Kreuzfarbe, „Grauer“ weist dabei auf den (Bild-) Stock / Stein hin und „Graue“ auf die Marter / das Unglück, das an der Kreuzstelle bzw. im Umfeld stattgefunden hat. Eine Datierungsangabe auf dem Kreuz ist nichts Ungewöhnliches.
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