18. Juni 2024

Niemals vergessen! Stolpersteinverlegung in Saarlouis am 3. Juli

 

Als der Kölner Künstler Günter Demnig 1996 in Köln sein Projekt der Stolpersteinverlegung aus der Taufe hob, hätte er sich wohl nicht träumen lassen, wie wichtig und notwendig das Thema Erinnerungskultur noch einmal werden würde. Seit 2011 werden in Saarlouis Steine verlegt, die sich in ein mittlerweile Europa- und weltweites Netz an verlegten Stolpersteinen reihen. Am 3. Juli kommen 16 neue Stolpersteine dazu. Der Arbeitskreis „Stolpersteine für Saarlouis“ hat dazu in den vergangenen Wochen als Findungskommission gewirkt und in gründlicher Recherchearbeit die Biografien der Opfer erarbeitet, für die am 3. Juli Stolpersteine verlegt werden. Alle sechzehn Opfer haben zuletzt in der Saarlouiser Innenstadt gelebt.
Den Auftakt machen 4 Stolpersteine, die für die jüdischen Familien Lewy und Bloch ab 10 Uhr vor dem Rathaus von Saarlouis verlegt werden. Carl Lewy betrieb an der Stelle des heutigen Rathauses eines der erfolgreichsten Warenhäuser im Kreis Saarlouis. Sein Sohn Siegfried, der 1935 schon inhaftiert wurde und anschließend nach Metz geflüchtet war, kehrte 1945 nach Saarlouis zurück und eröffnete 1949 ein Textilgeschäft am Großen Markt 1. Die Tochter Alice Lewy heiratete Walter Bloch, mit dem sie 1935 emigrierte und nach dem Krieg zurückkehrte. Walter Bloch zog am 01.01.1946 als erster Bürgermeister nach dem Krieg ins Rathaus ein mit der Aufgabe, den Wiederaufbau von Saarlouis zu organisieren. In der Bibelstraße 4 wird anschließend ein Stein für den politisch verfolgten Martin Mohr verlegt. Zwischen 1932 und 1935 engagierte er sich als Mitglied des Stadtrates für die KPD und musste fliehen. Aufgrund seiner „falschen politischen Gesinnung“ wurde er wegen Hochverrats verurteilt und kam ins KZ Dachau, von wo er nach dem Krieg nach Saarlouis zurückkehrte. An ihrer letzten Wohnstätte am Hohenzollernring 4 werden die Steine für Moses Petuchowski und seine Frau Martha Adele geborene Lazar verlegt. Das jüdische Ehepaar wurde 1942 nach Ausschwitz deportiert und ist dort verschollen. In der Titzstraße 10 wird der Familie Sigmund, Else (geb. Lazar) und Ilse Julia Wolfsheimer gedacht. Der Geschäftsmann, er betrieb ein Kommissionsgeschäft für Leder - und Schuhwaren – wurde mit Frau und Tochter in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und drei Tage nach der Einlieferung am 16.07.1943 dort ermordet. In der Kaiser Wilhelm Straße 14 erinnert künftig ein Stolperstein an Sofia Blumenthal geb. Wollheim. Aus diesem Haus wurde sie in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie 1943 an „Altersschwäche“ starb. In der Alten-Brauerei-Straße 4 wurde Maximilian Kilburg geboren. Aufgrund seines ärztlich diagnostizierten „angeborenen Schwachsinns“ wurde er 1936 in die Landes-Heilanstalt Weilmünster eingewiesen. 1939 als „ungeheilt“ entlassen und anschließend als „vollständig wehruntauglich erklärt“, wurde er schließlich 1941 in Hadamar im Zuge der T4 Aktion ermordet. Auf dem Großen Markt 17 werden zum Abschluss noch vier Stolpersteine für die Familie Karl und Betty Schwarz geb. Friedmann sowie deren beiden Kinder Grete und Hans-Leopold Schwarz verlegt. Karl, der Sohn des Geschäftsmanns Leopold Schwarz, der an dieser Stelle einen bedeutenden Klein- und Großhandel mit Herren- und Damenkonfektion, Manufakturwaren und Wäsche führte, wurde im ersten Weltkrieg als Vize-Wachtmeister mit dem E.K.2 und dem Verdienstkreuz ausgezeichnet. Als jüdische Familie flohen sie nach Neuilly-sur-Seine, wo Karl verstarb. Betty kehrte nach dem Krieg mit ihren Kindern zurück und errichtete an derselben Stelle am Großen Markt wieder ein Textilgeschäft.
Schülerinnen und Schüler des Stadtgartengymnasiums sowie des Robert-Schuman-Gymnasiums werden diesmal mit Musik und Texten das Rahmenprogramm gestalten. An zwei Stellen tragen Frau Gudrun Lemier und Frau Helga Koster je ein Gedicht vor. Wie immer sind alle Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen, an den Stolpersteinverlegungen teilzunehmen. Selbstverständlich ist es auch möglich, nur an einzelnen Orten dazuzustoßen. sos/sls

 

 


 

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