02. Dezember 2016

Die Stimmen der Stadt Saarlouis

 

Stadtschreiber, Filmer und Autor Alfred Gulden hat sein Sprechstück „SilberHerz“ am vergangenen Wochenende im Theater am Ring vor 800 Besuchern uraufgeführt. Viel Arbeit, Zeit und noch mehr „Herzblut“ haben alle Beteiligten in das Projekt investiert.

Nach „Saarlouis 300“, einem Stück, das Alfred Gulden im Jahre 1980 anlässlich „300 Jahre Saarlouis“ verfasst und aufgeführt hatte, widmete er sich in „SilberHerz“ erneut dem Thema „Stadtgeschichte Saarlouis“: In Form eines Sprechstücks machte er 57 Darsteller, die meisten hatten noch nie zuvor auf einer Bühne gestanden, zu den Stimmen der Stadt. „Wir sagen laut und sagen vor, was sich tut und was sich tat“, war ihr wiederkehrender Leitspruch.

Das „Phantastische“ entwickelt sich aus dem Konkreten

Inhaltlich konzentriert sich „SilberHerz“ auf die Randerscheinungen und die Nebenfiguren der Stadt. Nicht Marschall Ney kommt zu Wort, sondern sein Pferd, ebenso wenig General von Lettow-Vorbeck, sondern sein treuer Askari. Nicht zu vergessen der kleine Zirkusjunge, der in Saarlouis tödlich verunglückte und der Hausdiener Chim Bébé, ein „Mitbringsel“ aus Afrika, beide sind auf dem Alten Friedhof beerdigt. „SilberHerz“ ist eine Geschichte aus Geschichten. Auch die Bäume und Tieren, die Lebewesen der Stadt, auf „Augenhöhe“ mit den Menschen, sind gleichberechtigte Stimmen. „Das "Phantastische" entwickelt sich bei mir immer aus Konkretem: so zum Beispiel die Sintflut aus den verschiedenen Hochwassern, die Saarlouis heimgesucht haben“, sagte der Autor. In seinem Stück werden einzelne Lebewesen, die tatsächlich existieren, zu Phantasiewesen, für die das Reale nicht gilt: weder feste Zeit, noch bestimmter Raum. Sie können alles Mögliche sein und machen. „So ist der Stadtbote sowohl ein, inzwischen verstorbener, mir und vielen Saarlouisern bekannter Stadtbote, er ist aber auch der "Geheimnisträger" und Geschichtenerzähler, ein Zwerg Nase aus dem Hauffschen Märchen, wie das "bucklicht Männlein" aus "des Knaben Wunderhorn", und vieles mehr noch“, erklärte Alfred Gulden. Eine Stimme haben auch die „Platanen“, die den Großen Markt säumen oder die Ratten, die im Untergrund der Stadt leben sowie die Pferde, sei es als Schlachtross, Gruben- oder Brauereigaul. Insgesamt sind es 33 Stimmen: der Stadtschreiber, vier Einzelstimmen, zehn Duos und acht Gruppen, letztere sprechen mit einer Stimme.

Mehr als 100 Bewerber für SilberHerz

Im November 2014 stellte Alfred Gulden dem Kulturamt, welches Organisation und Produktion übernahm, die Idee vor. Es sollte ein Sprechstück sein, von einem Saarlouiser mit Saarlouisern für Saarlouiser. Per Zeitungsaufruf machte man sich auf die Suche nach Teilnehmern. Weit über 100 Interessenten meldeten sich schon in der ersten Woche. Das Vorsprechen fand im Kulturamt statt. Schüler, Studenten, Hausfrauen, Pensionäre, Angestellte, Beamte, Handwerker und Akademiker im Alter von 10 bis 83 Jahren waren vertreten. Genau, was Gulden wollte, ein Querschnitt aus der Bevölkerung. Fast ein Jahr später trafen sich die „SilberHerzen“ das erste Mal in der Kaserne VI, die zum ständigen Proberaum wurde. Gulden erklärte den Teilnehmern, um was es ging: Ein Stück mit wenig Requisiten, in dem die Darsteller ihren Text aus einer schwarzen Klemm-Mappe vorlesen. Der Text ist ausschließlich Hochdeutsch, ein bisschen Französisch, Englisch, Latein, Jiddisch und Mundart ist dabei. Das hörte sich einfach an, doch das „chorische“ Sprechen erfordert Übung. Die Stimmen wechseln sich ab, sprechen zu zweit, zu dritt, zu fünft, dann wieder alle zusammen. Teilweise in sehr hohem Tempo, in unterschiedlicher, mitunter auch untypischer Betonung und Aussprache oder in Dialekt. Einsatz und Rhythmus müssen stimmen, sondern funktioniert das Ganze nicht, ergibt kein schönes Klangbild für den Zuhörer. Gulden ist studierter Sprechwissenschaftler und weiß genau, wie man Stimmen einsetzt, um Stimmungen zu erzeugen. Die Darsteller haben über Monate hinweg viele Stunden geprobt, teilweise immer wieder dieselben Passagen, bis es schließlich klappte. Am Ende entstand nicht nur ein Chor, sondern auch Freundschaften, die man künftig pflegen will, versicherten zwei „Platanen“. Gulden lobte die große Disziplin der Choristen, die kein Honorar für ihren Einsatz erhielten. Dafür werden sie zu einem Stück Saarlouiser Stadtgeschichte, denn Guldens Werk wurde von einer Filmfirma zur späteren öffentlichen Vorführung und für pädagogische Zwecke aufgenommen. sb

 

 


 

Permanenter Link zu diesem Artikel:
http://rodena.de/index.php?id=1480633200-223015

 


 

eine Seite zurück

Zurück zur Startseite der Rodena ePapers

 


 

Könnte Sie vielleicht auch interessieren

29. März 2024, Karfreitag

» Beitrag anzeigen

 


 

28. März 2024, Ist der Gründonnerstag grün?

» Beitrag anzeigen

 


 

28. März 2024, Hotellerie Waldesruh

» Beitrag anzeigen

 


 

27. März 2024, Mittagspausenführungen im Städtischen Museum und im Stadtarchiv im April

» Beitrag anzeigen

 


 

15. März 2024, Saarlouiser Kinder-UNI geht auf Reisen mit Musikinstrumenten aus aller Welt

» Beitrag anzeigen

 


 

07. März 2024, Hotellerie Waldesruh

» Beitrag anzeigen

 


 

07. März 2024, Weltbekanntes Ballett aus Brasilien zu Gast in Saarlouis

» Beitrag anzeigen

 


 

01. März 2024, Schnuppertraining beim KV „De Picarda Fräsch“ e.V.

» Beitrag anzeigen

 


 

29. Februar 2024, Mittgaspausenführungen im Stadtarchiv Saarlouis

» Beitrag anzeigen

 


 

22. Februar 2024, Fasten in Christentum und Islam

» Beitrag anzeigen

 


 

 

 

     
 

In eigener Sache: Artikel, die hier veröffentlicht werden sollen, schicken Sie bitte an webredaktion@rodena.de . Mit Einsendung unterliegen eingereichtes Bild- und Textmaterial der academia wadegotia Documentation Licence.

 
Impressum | Datenschutz | RSS Impressum

Partnersite Gemeinde Wadgassen (private Seite) auf grossgemeinde-wadgassen.de | Technische Umsetzung durch csw germany